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«Ich liebe es, und ich bin stolz darauf» – Interview mit Rea Garvey

Vor 10 Jahren trat Rea Garvey als Frontmann von Reamonn am Gurtenfestival auf. Dieses Jahr kommt er zurück auf den Berner Hausberg. Rea Garvey tritt am Donnerstag, 14. Juli 2016, um 21.30 Uhr auf der Zeltbühne auf. Im Interview erzählt er uns, was er als 13-Jähriger in Kneipen verloren hatte und welche Gemeinsamkeiten Irland und die Schweiz haben.

Mr. Garvey, vor zehn Jahren waren Sie mit Reamonn am Gurtenfestival in Bern? Woran erinnern Sie sich?
Wie es mich geflasht hat. Da ist eine Energie, die man nicht vergessen kann. Ich wollte immer wieder ans Gurten und hab drum gekämpft, da zu spielen. Ich liebe das Land sowieso. Grundsätzlich kommt hinzu: Festival ist Festival und kein Venue. Da sind viel mehr Menschen, die man auch überzeugen will.

Man sieht vom Backstage-Bereich des Gurtenfestivals ganz gut das Bundeshaus, das steht für die direkte Demokratie der Schweiz. Wir erleben ja derzeit einiges mit Volksabstimmungen in Europa. Sind Sie ein Freund der direkten Demokratie?
Als Musiker ist es meine Aufgabe, von der Zeit zu erzählen, in der wir leben. Das hab ich im Album «Prisma» gemacht und deswegen heisst meine Tour «Get Loud». Es geht immer und überall darum, eine eigene Stimme zu finden. Ein nationales Referendum, das hat es in England gezeigt, führt nicht immer zu richtigen Entscheidungen, und alle, die dort das Referendum angeführt haben, hauen jetzt ab wie auf der Titanic. Politiker handeln manchmal egoistisch, dabei haben sie Verantwortung übernommen und repräsentieren die Menschen. Grossbritannien hat gar nicht verstanden, worum es ging. Was dort geschehen ist, ist ein riesiger Schritt zurück für dieses Land. Aber: Diese Volksabstimmung ist Demokratie und es ist so, wie es ist. Ich habe die positive und die negative Seite gesehen, und in Wirklichkeit ist es doch so: Das ist alles, was wir haben, die Demokratie. Wir haben darum gekämpft. Es ist gar kein englisches Problem, sondern ein europäisches – ein Weltproblem. Propaganda ist eine gefährliche Sache, und Medien tragen eine riesige Verantwortung. In der nächsten Generation werden wir viel mehr Zeit damit verbringen müssen, uns mit Fakten auseinanderzusetzen.

Was läuft in der Schweiz besser als in Europa?
Die Schweiz ist wie Irland ein kleines Land und da sind Entscheidungen viel schneller zu treffen. Die Schweiz ist besser strukturiert und mehr an Volksabstimmungen gewöhnt. Ich sag’s noch einmal: Neu ist der Hype, das Social-Media-Ding, was die Menschen unsicher macht. Das muss besser kontrolliert werden. Wir lassen die falschen Leute führen. Jeder muss mehr Verantwortung übernehmen – nicht nur seine Meinung denken, sondern auch aussprechen und repräsentieren. Wer sich zurücknimmt und denkt, es wird schon: Diese Zeiten sind vorbei. Ich glaube fest daran, dass die Mehrheit der Menschen gute Menschen sind. Im Moment ist die Minorität lauter.

TV-Shows, Konzerte, Alben und dann noch Stiftungsarbeit: Liegt es daran, dass Sie mit acht Geschwistern aufgewachsen sind oder woher nehmen Sie die Kraft?
Es geht darum die Balance zu finden und Sachen zu machen, die Spass machen. Wenn ich in den Kampf gehe, wo ich Verantwortung übernehme, Stiftungsarbeit zum Beispiel, da wird Kraft gebraucht. Wenn ich Spass habe, habe ich Energie. Ich feiere gerne, gehe gerne an meine Grenzen, im positiven und negativen Sinne, kenne deswegen auch meine Schwächen.

Zur Entertainment-Seite Ihres Berufs: TV-Shows haben auch schon mal mehr Spass gemacht, oder? Sie lassen sich von Unkenrufen zu Ihrer neuen Show «Musicshake» nicht beeindrucken?
Wer zu Kritik nicht bereit ist, sollte nicht in die Schusslinie gehen. Alle zwei, drei Jahre bin ich mit einer Platte rausgekommen und da hab ich mich dran gewöhnt und weiss, wie ich mit Kritik umzugehen habe. Ich kenne den wahnsinnigen Erfolg und auch den Misserfolg. Das Wichtigste für mich zu sagen ist: Ich liebe es, und ich bin stolz darauf. Beim TV lerne ich immer noch viel dazu. Weil ich Spass habe, hab ich auch den Mut, was Neues zu probieren. Bei «Musicshake» hatten wir eine Million Zuschauer, die uns von Anfang bis Ende treu geblieben sind und ich war mit mir zufrieden. Erst danach frag ich mich, was ich hätte besser machen können. Wenn ich gleich aufgehört hätte nach den Platten, die kein Erfolg waren, dann würde ich jetzt hinterm Tresen in der Kneipe arbeiten.

Welche wär denn die Lieblingskneipe gewesen?
Oh, da gibt es sooo viele, ich kann mich nicht für eine entscheiden. Ich hab mit 13 in der Kneipe angefangen zu arbeiten und es nie bereut. Das war eine superschöne Zeit.

Der Stilmix auf Ihrem Album «Prismat» ist bizarr. Haben Sie sehr kämpfen müssen, dass Songs wie «Fisher Song» oder «Put Your Tools Down Boys» draufbleiben? Das hat nicht jeder Fan verstanden, wie man auch an den Kommentaren bei Amazon sehen kann.
Manchmal macht man was, was man selber liebt, aber die anderen nicht, und ich musste das halt machen. Ich hab meine Gedanken in Musik umgesetzt und darauf bin ich superstolz. Wenn ich die Songs spiele, merke ich, wie die beim Publikum ankommen. Im Mainstream ist es nicht so gewollt, ins Detail zu gehen, aber die Verantwortung mir selbst gegenüber war wichtiger. Ich liebe diese Platte. Es mag Musiker geben, die sich für den Erfolg entscheiden, ich bleibe mir treu. Es ist meine Musik. Dass jeder jedes Lied auf einer Platte liebt, das ist so selten. Ich hab auch nur eine, von der ich das sagen könnte und das ist «Ten» von Pearl Jam.

Die Folk, Country und Blues-Einlagen machen Lust auf mehr. Wann kommt endlich ein Akustik-Album von Rea Garvey?
Das steht immer vor mir. Ich träume nicht davon, aber ich glaube schon, dass ich das vorhabe, und ich nehme das nicht auf die leichte Schulter, schon gar nicht, wenn ich da an Eric Clapton oder an Nirvana denke. Wer heute so etwas macht, der muss etwas Besonderes und Unglaubliches leisten und nicht nur: «Ich mach mal den Lautstärker ein bisschen leiser.» Ich hab es vor, ich will es machen, es ist viel Arbeit. Und wenn ich es gemacht hab, dann melde ich mich.

Interview: Helge von Giese