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«Es braucht ein bisschen Arroganz und Ego und auch Stolz»

Der britische Singer-Songwriter James Bay, Shooting Star und Brit Music Award Gewinner, ist 25 Jahre alt und seit vier Jahren im Geschäft. Romaine Müller, 21 Jahre alt, ist eine Schweizer Musikerin, die seit einiger Zeit mit ihrer Band WintersHome für Begeisterung sorgt und bald den ersten richtig grossen Auftritt hat – als Support von Texas. Romaine macht Praktikum im Media Center des Gurtenfestivals. Sie sprach mit James Bay – von Musikerin zu Musiker.

James: Hi, wie geht’s dir?

Romaine: Hi, danke, gut. Ich bin ein bisschen nervös.
Das ist doch cool. Es ist hier vielleicht der schönste Ort, an dem ich je ein Konzert gegeben habe. Hinreissend.

Wirklich? Wann seid Ihr denn angekommen?
Gestern. Wir kamen von Porto. Als ich heute Morgen aus dem Fenster geschaut habe, hab ich meinen Augen nicht getraut. Was für eine Aussicht! Wir haben auch unsere Füsse in den Fluss gehängt – eiskalt.

Ich hab ein paar Fragen. Ich interessiere mich für den Anfang deiner Karriere. Wann hat das alles angefangen? Hast du irgendwann entschieden, Musiker zu werden?
Du bist Musikerin?

Ja.
Es gab nicht den Moment als solchen. Als ich elf war, hab ich beschlossen, dass ich Gitarre spielen will. Ich hab’s gelernt und fand das die coolste Sache der Welt. Ich wollte das mir und der Welt beweisen, dass ich das kann. Ich kann mich erinnern, wie obsessiv ich war, aber ich weiss auch noch, dass ich mit zwölf das Interesse verlor und aufgab, und ich weiss gar nicht mehr warum. Es war so ein Herumgeiere, ich wollte immer besser sein, aber das musst du erstmal verstehen, dass das Arbeit ist, du musst weitermachen.

Ja, genau: geduldig sein.
Ich hab dann Musik gehört von irgendwelchen Bands, die ich mochte, und ich war zurück an der Gitarre in kürzester Zeit. Ich wollte dann Fortschritte machen, noch was Grösseres, mehr machen, nicht nur das lernen, was andere schon spielen.

Dann hast du eigene Sachen komponiert?
Ja. Eigene Stücke.

Wie alt warst du?
13 oder 14 vielleicht. Ich war scharf auf Zuhörer. Vieles was du machst, und du denkst, dass es so und so ist, kommt ja ganz anders rüber. Das hab ich gerne ausprobiert.

Wo bist du das erste Mal aufgetreten?
Es war ein Pub.

Vor wie vielen Leuten?
Vielleicht zehn oder zwanzig.

Da hast du schon eigene Songs performt?
Mehr Cover. Ich hatte noch nicht so viele eigene Sachen, aber ich hab es geliebt zu spielen. Es hat sich über die Jahre einfach entwickelt. Ich hab mir immer gesagt: Ich will gar keinen «richtigen» Job.

Das ist lustig. Ich denke auch immer darüber nach: «ein richtiger Job». Man fragt mich immer: «Was machst du denn Richtiges?»
Da musst du einfach dranbleiben.

Das hast du gemacht?
Okay, ich hab auch in Bars gearbeitet, aber das war schwierig. Du sollst immer genau dann arbeiten, wenn du eigentlich auftreten willst. Der Typ hat mich damals aber am Samstag tagsüber arbeiten lassen.

Dann hat er dich unterstützt.
Ohne dass er es wusste.

Wer hat dich noch unterstützt?
Freunde, Familie. Die Leute, die an dich glauben. Aber selbst meine Eltern wollten wissen, wie ich denn mal glaube Geld zu verdienen. Es braucht einfach Zeit, harte Arbeit und Glauben. Wenn du mal tief in dich hineinhorchst, dann braucht es auch ein bisschen Arroganz und Ego.

Okay.
Stolz. Das ist notwendig. Wenn du einen Haufen johlender Leute siehst und dann sind da auch welche, denen ist das total egal, was du da machst – da musst du dir sagen können: Ich bin gut, egal was jemand sagt.

Was hilft dir, dass du dir das sagen kannst? Waren da nie Zweifel?
Doch, natürlich. Mit 21 hab ich immer noch in der Bar gearbeitet. Mit 22 hatte ich einen Manager, hatte unterzeichnet, und konnte das irgendwie nicht aushalten.

Bis 21 hast du also alles allein organisiert für dich?
Ja, kann man so sagen. Weisst du, wie ich jetzt auch hier sitze, ich liebe alles, was ich tue, ich liebe es, Musik zu machen. Wenn dreissig Leute in einem Raum sind und nur einer hört zu, das reicht mir. Das ist alles, was ich brauche, damit es weitergeht. Es ist schon Arbeit, herauszufinden, was Dynamik in die Musik bringt, um die Leute zu erreichen. Du musst herausfinden, welche Zutaten du für deine Musik brauchst.

Jetzt spielt gerade John Newman auf der Hauptbühne, du spielst nach ihm dort. Stimmt das, dass du ihn supportet hast?
Ja, für eine Weile. Weisst du, Leute haben oft kein Durchhaltevermögen. Sie geben schnell auf. Wenn du es ernst meinst und willst und tust, dann werden die Leute auch darauf reagieren.

Dein erstes Album heisst «The Chaos And The Calm». Was hat dich zu diesem schönen Titel inspiriert?
Erstmal wollte ich keinen Songtitel. Das machen ja die meisten. Ich wollte etwas, was das Gefühl aller Songs wiedergibt und sich überall wiederfindet. Es hat was mit dem Entkommen aus der Stadt zu tun, in der ich mich gefangen fühlte, die Art, wie die Beziehungen da funktionierten.

… um deinen Weg als Musiker gehen zu können.
Definitiv. Das braucht viel Chaos und auch viel Ruhe. Das eine folgt dem anderen.

Wie auf Tour.
Ja, genau. Der Titel entstand aus einem Gespräch heraus. Der Typ sagte: «Das ist das Chaos und die Ruhe des Lebens».

Bist du jetzt nervös vor deinem Gig?
Ich bin immer nervös.

Das Publikum ist sehr nett.
Das sind sie meistens. Danke! Das war schön mit dir zu reden.

Viel Spass!

Interview: Romaine Müller / Text: Helge von Giese
Fotos: Sandra Blaser / konzertbilder.ch