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Len Sanders millimetergenaues Live-Set

Mit sechs Musikern erzeugt die Zürcher Elektroband Len Sander faszinierende Klangteppiche und performt live ihre wunderschönen Songs. Blanka Inauen und Alessandro Hug erzählen im Interview, was ihnen das Live-Set bedeutet und welche Rolle Ästhetik in ihrer Kunst spielt.

Ihr habt bei den GDS-Awards den ersten Platz für «Best Live Act» geholt. Das hat euch speziell gefreut.
Blanka: Wir hatten lange das Gefühl, dass wir live schwierig finden. Keiner von uns ist eine Rampensau. Über die Zeit hat es sich so entwickelt, dass live ein wichtiges Thema geworden ist. Wir arbeiten auch an einem neuen Album, aber dass wir eine geile Live-Show haben – das ist uns mega wichtig.

Alessandro: Ich hab heute noch gedacht, dass wir von der Dramaturgie her ein richtig gutes Live-Set haben, total ausgeklügelt – und wenn wir dann am Ende des Jahres ein neues Album haben, müssen wir die neuen Songs spielen, dabei funktioniert es doch jetzt gerade so gut. Sich live zu erproben, kommt dir für neue Songs zugute. Man eignet sich ein Handwerk an, auch für das Songwriting.

Blanka: Und das kannst du erst, wenn du viel aufgetreten bist, denn das lässt sich sonst nicht üben. Wir sind viel aufgetreten in den letzten zwei Jahren. Wir waren am Anfang grottenschlecht. Ich jedenfalls. Ganz mies. Manche gehen am Tag 1 auf die Bühne und es klappt und bei uns war’s nicht so.

Im Ausland habt ihr in Clubs gespielt, nur in der Schweiz tretet ihr auch auf Festivals auf.
Blanka: Ich fänd’s so geil, auch im Ausland auf Festivals aufzutreten.

Welche?
Alessandro: Alles in Kroatien. Die Elektro-Festivals. Wir waren in unseren Anfängen sehr geprägt von den trip-hoppigen Bands. Das muss man erreicht haben: Kroatien.

Mit sechs Leuten in der Band seid ihr fast schon eine Ausnahmeerscheinung.
Alessandro: Es hat Vor- und Nachteile, dass wir so eine grosse Band haben. Es bewegt sich schwerfälliger, aber jeder kann einen Teil übernehmen und auch mal was abgeben.

Blanka: Len Sander ist anachronistisch. Der Trend geht zum Duo und Einzelkünstler, denn die sind flexibel. Die grossen Live-Bands, die haben es schwer, können aber auf der Bühne eher überzeugen. Ich finde ein Live-Konzert mit zwei Leuten schnell langweilig.

Alessandro: Die Verbindung zum Publikum ist mit mehr Leuten viel besser.

Blanka: Und das noch im elektronischen Bereich.

Alessandro: Genau, da ist es unüblich, dass es eine Band gibt. Bei uns sind immer alle involviert.

Habt ihr spezielle Instrumente am Start?
Alessandro: Wir sind instrumental klassisch aufgestellt, befassen uns aber sehr damit, was man aus den Instrumenten herausholen kann. Wir machen wellenartige Bassbewegungen, die in der elektronischen Musik üblich sind, und das machen wir live und können das millimetergenau kontrollieren. Es ist wie ein Spinnennetz.

Ihr arbeitet in der Video-Produktion mit Hillton zusammen, euer Artwork ist sehr ambitioniert.
Blanka: Ich studiere Kunst und überlege immer, wie die Verbindung zwischen dem Visuellen und Musikalischen hergestellt werden kann. Auch live: Es geht um ein Erlebnis. Die Musik steht im Zentrum, aber visuell kannst du viel unterstützen. Wir gehen klanglich gern auf Reisen. Unsere Musik ist «drauf», ohne Drogen. Das trippy Element kannst du mit visuellen Elementen noch  mehr herausholen.

Das Video zu «Places» ist grossartig.
Alessandro: Das hat Blanka gemacht.

Blanka: Unser Gitarrist hatte die Idee mit gebrauchtem Material zu arbeiten. In unserer Position muss immer alles möglichst billig sein. Ich hab mir Filme angeschaut, die kein Copyright mehr haben.

Als ich mich mit euch beschäftigt habe, dachte ich – Len Sander kann nur aus Zürich stammen.
Blanka: Züri ist eine Stylo-Stadt. Es ist sicher kein Zufall, dass wir ästhetisch so arbeiten. Vielleicht hängt es mit der Geschichte der Grafik zusammen. Wir sind in der Schweiz sowieso gewöhnt, Sachen zu konsumieren, die geil gelayoutet sind. Das hebt deine eigenen Ansprüche auf ein Niveau, das du erfüllen willst.

Alessandro: In Zürich ist zwanzig Jahre nur Techno gelaufen. Du kommst dahin, wirst ein paar Jahre sozialisiert und bist in den Clubs am Tanzen. Es ist extrem. Zürich ist eine Elektro-Stadt.

Interview: Helge von Giese
Fotos: Sandra Blaser / konzertbilder.ch